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Vom schnitt

Während der Wintermonate verlangsamt sich der Rhythmus der Natur und doch gibt es eine Menge Aufgaben im Weinberg. Im Januar fällt  in der Regel der Startschuss für die Saison des Rebschnitts. Dieser geschieht in der Ruhezeit der Pflanzen, ihrem Winterschlaf, und ist ein grundlegender Teil des Weinbaus . Mit dem Schnitt wird die Form der Reberziehung gewählt und damit die architektonische Struktur der Pflanze bestimmt. Gleichzeitig wird der Fruchttrieb , der  sog. Strecker ausgesucht. Mit dem richtigen Schnitt versucht der Winzer , die künftige Qualität und Quantität der Trauben eines jeden einzelnen Weinstocks zu optimieren.

Nicola Mostacci vom Weingut Gagliole, der stets in vorderster Linie am Schnitt beteiligt ist, erzählt Genaueres über diese grundlegende landwirtschaftliche Kunst:

Nicola, obwohl sich der natürliche Kreislauf im Winter verlangsamt, warten im Weinberg doch eine ganze Reihe wichtiger Arbeiten, unter anderem der Schnitt. Kannst du uns etwas mehr über diese so grundlegende landwirtschaftliche Technik für die Entwicklung des Stockgerüstes der Rebe erzählen?

Mit der ersten Herbstkälte und den tiefen Wintertemperaturen fällt die Rebe in einen vegetativen Winterschlaf, der den gesamten Winter andauern wird, erkennbar am schrittweisen Laubabwurf. Die Blätter nehmen erst prächtige Herbstfarben an und werden sich dann bald am Boden sammeln. Dieser Verlust der Blätter markiert den Beginn der winterlichen Ruhezeit der Reben, die so auf den Neubeginn im Frühjahr warten. Zu dieser Zeit fallen im Weinberg verschiedene Arbeiten an. Dabei widmen die Winzer dem Trocken- oder Winterschnitt zweifelsohne die größte Aufmerksamkeit. Schließlich ist dieser kurz- und langfristig von entscheidender Bedeutung und wird die kommende Ernte grundlegend beeinflussen.

Ein guter Schnitt ist fundamental, um die Vegetation des kommenden Jahres richtig vorzubereiten und auch um Kraft, Energie und Ausdauer der Pflanze zu erhalten.  Jeder sachkundige Gärtner wird bestätigen, dass der Schnitt die wichtigste Handlung ist, um das Pflanzenwachstum zu beeinflussen: Wir legen jetzt die Grundlage der zukünftigen Saison. 

Was ist das hauptsächliche Ziel des Winterschnitts, worauf achtet man da besonders?

 Wenn man bedenkt, dass der mengenmäßige Ertrag der Rebe mit ihrer Belaubungsfläche zusammenhängt, so geht es uns natürlich darum, die Anzahl der Knospen pro Pflanze zu begrenzen und die Vegetation zu steuern, um eine optimale Entwicklung und gleichmäßigen Ertrag zu ermöglichen. Dabei kommt es auf Intuition und Erfahrung an. Du musst jeden Rebstock kennen, jede Geländeeigenschaft, jedes Gefälle; und du musst das Potenzial jeder Pflanze verstehen.

Wie der Schnitt jeder anderen Pflanze begünstigt auch der Rebschnitt sowohl Qualität wie Quantität der Fruchtbildung. Nur Knospen im Vorjahresholz bilden am Weinstock Fruchtstände aus. So muss der Rebschnitter gezielt die Jungtriebe bestmöglich hegen, die Anzahl dieser Winteraugen optimieren und dadurch auch die Erneuerung im Auge behalten.

Für den Schnitt der Weinberge von Gagliole setzen wir auf die Grundlagen der Schnittmethode von Simonit & Sirch. Kannst du uns Genaueres über diese besondere, innovative Schnittweise verraten?

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass der Schlüssel zu einem langen und gesunden Leben des Rebstocks darin liegt, mit dem Schnitt der natürlichen Verzweigung der Pflanze zu folgen und diese zu unterstützen. Genau darauf basiert die Methode von Simonit & Sirch mit den folgenden grundlegenden Regeln:

  • der Pflanze über gelenkte Verzweigung gestatten, sich räumlich auszubreiten (Zentimeter/Jahr) und dabei die Triebe nicht “rückwärts” wachsen zu lassen;
  • den lymphatischen Fluss sicherstellen, der die gesamte Pflanze durchzieht und durch den die Kommunikation zwischen Wurzeln und Laub geschieht;
  • korrekter, vorsichtiger Schnitt am Jungholz; durch möglichst kleine Schnittflächen vermeiden wir unnützes Austrocknen;
  • den Mut haben, ein wenig “Respektholz” stehen zu lassen. Dadurch kann Pflanzensaft der Hauptlymphe von der Schnittzone abgezweigt werden.

Wie wichtig ist die Schulung der am Schnitt Beteiligten?

Auf Gagliole kümmern wir uns zu fünft um den Rebschnitt, unter dem wachsamen Auge von Giulio, der uns Jahr für Jahr mit Hingabe und Leidenschaft durch diese heikle Zeit führt. Dabei ist der Kontakt zwischen Giulio und uns ebenso essenziell wie unsere Schulung. Man muss sich über alles austauschen und ständig auf dem neuesten Stand bleiben.

Welche Reberziehung wird in unseren Weinbergen angewandt? Unterscheidet sich der Schnitt je nach Erziehung?

Der Weinbau in Italien zeichnet sich durch bemerkenswerte Vielfalt an Böden, Rebsorten, Unterlagsreben und lokalen Traditionen aus. Dadurch finden wir auch verschiedenste Methoden von Reberziehung und Schnitt. Auf Gagliole verwenden wir zwei der Methoden, die in der Toskana am verbreitetsten sind: Guyot und Cordone Speronato.

Guyot:

Diese Erziehungsform ist besonders für Umgebungen geeignet, in denen der Rebstock mäßig Raum hat. Auf dem rund 100 cm hohen Stämmchen werden der Fruchtbogen oder Streckertrieb mit ungefähr acht Knospen sowie ein Zapfentrieb mit ein bis zwei Knospen angeschnitten und horizontal dem Spalierdraht entlang gebogen. Den Zapfentrieb werden wir im nächsten Jahr zur Erneuerung brauchen. Während des eigentlichen Schnitts kommen dabei 3 Schnittarten zum Einsatz:

  • Schnitt des Alten: Der Streckertrieb, aus dem im letzten Jahr die Fruchtstände gewachsen waren, wird entfernt;
  • Schnitt des Neuen: Der ehemalige Zapfentrieb wird auf 7 – 8 Augen gekürzt;
  • Schnitt des Zukünftigen: Ein neuer Zapfentrieb wird auf 2 Augen angeschnitten. Dieser Ersatzzapfen wird im nächsten Jahr der Strecker.

Cordone Speronato:

Das ist eine Reberziehungsform, die den kurzen Schnitt anwendet. Dabei ist der Arm einfach die horizontale Verlängerung des Rebstammes am Spalierdraht, auch “Anlegerdraht” genannt. Am Rücken dieser Verlängerung lässt man Strecktriebe stehen, also Teile des Altholzes und schneidet sie auf zwei Augen an. Aus diesen sprießen zwei neue Fruchttriebe.

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